Musik in St. Lamberti Oldenburg
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Alt-Kantaten von Joh. Seb. Bach mit Wiebke Lehmkuhl

Sonntag, 11. Oktober 2015, 18.00 Uhr

Freiheitsraum Reformation / Theater und Musik

„Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“ BWV 170

„Widerstehe doch der Sünde“ BWV 54

„Geist und Seele wird verwirret“ BWV 35

Wiebke Lehmkuhl Alt

La Dolcezza, Veronika Skuplik

Tobias Götting Orgel

Kurlandtehater Oldenburg mit Schauspielimprovisationen

Karten zu € 21 / 18,- / 16,- / 14,- ab dem 7. September in unseren Vorverkaufsstellen und über diese Homepage. Karten außerdem an der Tageskasse ab 17.15



Rezensionen

Auf den verschlungenen Pfaden der Sünde

Altistin Wiebke Lehmkuhl singt in St. Lamberti drei Solo-Werke von Bach

Horst Hollmann in NWZ am 13.10.2015

Marga Höffgen hat die Kantate Nr. 54 von Johann Sebastian Bach oft tief ergreifend gesungen. Gut 40 Jahre ist das her. Höffgen, eine Wagner-Altistin von hohen Graden, machte dieses „Widerstehe doch der Sünde“ zur großen Opernszene. Wenn sie im Rezitativ die Sünde geißelte „als wie ein scharfes Schwert, das uns durch Leib und Seele fährt“, dann schwang die Klinge über den Hörern. Jetzt hat Wiebke Lehmkuhl diese Kantate für Alt-Solo und Streicher in der überaus gut besuchten Lambertikirche gesungen. Auch die aus Oldenburg stammende Künstlerin, längst an den großen Opernhäusern und bei Wagner zu Hause, versagt sich nicht den Bach ja oft inne wohnenden opernhaften Gestus. Die Sängerin meidet aber Überzeichnungen und breitet klug das rhetorisch Sinnfällige aus. So entsteht ein packender Ausgleich zwischen Natürlichkeit und Gemessenheit. Auch diese Gestaltung führt zu tiefer Ergriffenheit.

Die von Veronika Skuplik angeführten Instrumentalisten von „La Dolcezza“ sorgen dazu für eine rhythmisch und koloristisch ungemein fein ausziselierte Vielfalt und für eine erhellende Durchsicht auf die Musik. Es scheint, als hätten 40 Jahre den Kosmos Bach noch einmal erweitert. Die Entfernung von Himmel und Erde ist weiter gewachsen. Aber Bach füllt den Raum dazwischen immer noch aus.

Vielleicht hat der abrupte Bodenkontakt zwischen Bachs Kantaten 54, 170 („Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“) und 35 („Geist und Seele wird verwirret“) Teile der Hörerschaft zu heftig durchgeschüttelt. Jedenfalls haben die jungen Schauspieler des Kurlandtheaters die Herausforderung angenommen, die barocken Texte zeitgemäß zu deuten. Thema: „Laster Liebe“. In vielen Proben entwickelten sie einen eigenen Zugang zu anachronistischer Sprache und sich stets wandelnden moralischen Theorien. Die anregende, etwas weitschweifige Präsentation mündet in der Rezitation von „Widerstehe doch der Sünde“ und der Erkenntnis: „Verzicht ist keine Lösung!“

Da mögen sich Hörer in der wohlgefügten Ordnung der anderen Kantaten geborgener gefühlt haben. Wiewohl: Streng gefügt lassen Wiebke Lehmkuhl, die zwölf Instrumentalisten und Organist Tobias Götting nur die Form. Ihre musikalischen Aussagen aber leben von großer Freiheit der individuellen Gestaltung. Wie mag Bach wohl in wiederum 40 Jahren klingenŤ Und werden die Menschen die Botschaften noch verstehen.