Musik in St. Lamberti Oldenburg
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Charlie Chaplin : Goldrausch

Freitag, 21. Oktober 2016, 19.30 Uhr

Orgel & Stummfilm

Der berühmte Chaplin-Klassiker von 1925, nach dem fulminanten Erfolg vom letzten Jahr wieder begleitet von Meisterimprovisator Thomas Ospital aus Paris.

Eintritt frei, Spenden erbeten.



Rezensionen

Dickes Getöse nur zum dicken Gustav

Thomas Ospital aus Paris kommentiert auf Lamberti-Orgel Chaplins Stummfilm „Goldrausch“

Horst Hollmann in NWZ am 24.10.2016

Alles wird gut! Der einsame Goldgräber endet als Millionär und bekommt seine Georgine. Ist alles im Film so festgehalten, vor über 90 Jahren. Doch Thomas Ospital gelingt es, den festgelegten Ablauf in „Goldrausch“ von und mit Charlie Chaplin in Frage zu stellen – zumindest in der Fantasie der Seher und Hörer in der Lambertikirche.

Der Franzose untermalt und kommentiert den legendären Stummfilm auf der Orgel, führt den einsamen Goldgräber leichten Fußes über Klettersteige, bewahrt ihn vor Abstürzen, hungrigen Bären, konkurrierenden Diggern in Klondike, oft mit Augenzwinkern. Thomas Ospital (27) spannt einen dicht gewebten musikalischen Schirm über den Tramp im Schneesturm. Chaplin verkörpert ihn in diesem legendären Epos von 1925. Es sei sein bestes gewesen, hat er später gesagt.

Filmische Hochkultur und musikalische Interpretationskunst greifen glücklich ineinander. Die Betrachter, die auch noch den letzten Platz mit Sicht auf die Leinwand besetzen, applaudieren am Ende heftig: Halb für den Filmhelden, halb für den Klanghelden. Emotional ist das nicht zu trennen, Film hin, Film her.

Ospital gilt als Aufsteiger unter den französischen Organisten. Seit 2015 ist er einer von zwei Hauptorganisten an St. Eustache in Paris. Stummfilme live auf der Orgel zu begleiten, zählt zu seinen besonderen Liebhabereien. In den 1990er-Jahren ist das Format des musikalisch begleiteten Stummfilms wieder aufgelebt.

Die Kunst von Ospital besteht darin, nicht auf der Orgel zu lärmen. Er stachelt im Gegenteil die Aufmerksamkeit durch delikate Zurückhaltung an. Sein Spiel verdeutlicht alles Unsichere und Wackelige in dieser Außenseitergesellschaft. Da kippt Spaß in Ernst, Ironie in Melancholie, Erhabenes in Albernes und auch mal eine Goldgräberhütte in den Abgrund. Gerade die größten komödiantischen Eingebungen überlagert der Franzose nie. Er lässt Szenen, in der Tramp Charlie seinen Schuh verspeist, oder die aufgespießten Brötchen zum Tanzen bringt, ganz aus sich heraus wirken. Aber der vernichtende Blick, den Tänzerin Georgine an Black Lars herunterglitschen lässt, erlebt bei Ospital eine grandiose Politur. Um Oktaven rutscht die Tonfolge in den Orgelkeller. Doch wenn der Tramp und Big Jim schließlich als Millionäre den dicken Gustav markieren, kann die Orgel auch dickes Getöse beisteuern.

Klar, Chaplin überwindet alle Fährnisse, auch ohne Ospital als Weggefährten. Doch die Orgel hat in diesem Kultwerk die Fantasie neu befeuert. Hat sich zwischendurch nicht doch mancher insgeheim gefragt: Ob das wohl alles gut geht?