Eintritt frei - Spenden erbeten
Konzertetüden und Nachtstücke der Romantik
Freitag, 9. Februar 2024, 19.00 Uhr
Konzertreihe „15 Jahre Lambertus-Saal“
Oldenburger Nachwuchspianisten spielen Werke von Chopin, Schumann, Grieg, Liszt und Rachmaninow.
Gesprächskonzert unter der Leitung von Christoph Keller
Eintritt frei – Spenden erbeten
Rezensionen
Chopins geniale Verbindung aus Profanem und Übernatürlichem
Frédéric Chopin hat die Musik zum Spiegel der Seele gemacht. Etüden und Nocturnes des genialen Polen wurden vom Oldenburger Klavierlehrer Christoph Keller und seinen Schülern zu Gehör gebracht.
Horst Hollmann in NWZ am 12.02.2024Was macht Genialität aus? Vielleicht, wenn jemand etwas Profanes mit etwas unbegreiflich Übernatürlichem verbindet? Nehmen wir den Komponisten Frédéric Chopin aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der hat äußerst herausforderndes aber technisch erlernbares Klavierspiel mit jener göttlichen Aura verbunden, die Musik zum Spiegel der Seele macht.
Etüden und Nocturnes des genialen Polen aus Paris hatten sich Klavierlehrer Christoph Keller und drei seiner Schüler als Form der Darstellung bei einem Kammermusikabend im Lambertus-Saal ausgesucht. Zur Eröffnung der Reihe „15 Jahre Lambertus-Saal“ war der architektonisch und akustisch bemerkenswerte Nebenraum im ersten Stock der Lambertikirche voll besetzt. Vier weitere „Feier-Nachmittage und -Abende“ folgen noch.
Vier Konzerte kommen noch: Am Samstag, 17. Februar, spielen ab 17 Uhr Clovis Michon (Cello) und Yangzi Liu (Klavier, Werke von Fauré, Debussy, Schubert, Offenbach.
Am Freitag, 15. März, Freitag, ab 19.30 Uhr erklärt Tobias Götting Stimmungssysteme (mitteltönig, wohltemperiert, gleichstufig) an Klavier, Cembalo und Orgelpositiv.
Am Sonntag, 5. Mai, 17 Uhr treten Jan Kobow (Tenor), Sebastian Noack (Bariton), Tobias Götting (Klavier), „Dichterliebe“ und „Eichendorff-Liederkreis“ von Robert Schumann auf. Am Sonntag, 1. September, findet ab 17 Uhr ein Clavichord-Konzert mit Harald Vogel statt. Die Alte-Musik-Legende spielt und erläutert Teile aus Bachs Wohltemperiertem Clavier. Der Eintritt ist jeweils frei.
Für ein solches Unterfangen sind Faraz Forouzandeh und Keno Lattermann prächtige Solisten. Keller, oft ausgezeichneter Komponist, führt anhand von Themenbeispielen, Varianten und spieltechnischen Erläuterungen durchs Programm: Mit zwei Nocturnes (b-Moll op. 9/1 und c-Moll op. 48/1), fünf Etüden aus op. 10 und 25 von Chopin, zwei Etüden von Franz Liszt (Etude de Concert Nr. 3) und Sergej Rachmaninow (Etude tableaux op. 39/8). Dazu bannen Lucas Reid (Cello) und Arne Dunkhase (Klavier) Hörerinnen und Hörer mit zwei Sätzen aus der romantischen Cellosonate op. 36 von Edvard Grieg.
Weder Nocturne noch Etüde sind direkte Erfindungen Chopins. Mit „Nachtstücken“ fiel schon John Field auf, der Ire am Petersburger Hof. Muzio Clementi oder Johann Baptist Cramer hantierten bereits mit Etüden-Formen. Aber zur Weltmarke, wie Moderator Keller ausführt, hat erst Chopin diese Gattungen gemacht.
Sicht- und hörbar wird, wenn Forouzandeh oder Lattermann mit der linken Hand den rhythmischen Grund legen, mit der rechten aber schöpferisch freier die Melodie gestalten. Da erfüllen die Pianisten diese Balance zwischen Akkuratesse und emotionalem Singen spannend und charmant. Aber sie flechten auch aufrüttelnde Divergenzen ein. Allein die virtuose Daumen-Technik in der Ges-Dur-Etüde op. 25/9 frappiert. Oder auch, wenn im Harfen-Stil die Arpeggien beider Hände perlen. „Es entsteht eine Brücke von Technik zu romantischer Musik und ihrem Klangbild“, so Moderator Keller.
Seine Schüler zählen längst zu jenen, die über das Technische hinaus schon nach musikalischer Vervollkommnung streben. Da legt Lattermann recht souverän Hand an die Liszt- und Rachmaninow-Etüden. Das ist atemberaubend. Aber man mag sich unbewusst in dieser noch einmal weiter entwickelten Musik auch die Frage stellen: Ist es nicht sogar noch berührender, wenn sich die Genialität eben mit jener Einfachheit eines Chopin verbindet?