Musik in St. Lamberti Oldenburg
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Unser Leben ist ein Schatten

Sonntag, 17. November 2019, 17.00 Uhr

Heinrich Schütz: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren“ (aus: Musicalische Exequien)
Johann Sebastian Bach: „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ (Actus tragicus) BWV 106
Harald Weiss: Requiem aeternam

Anja Petersen  Sopran
Milena Juhl  Alt
Mirko Ludwig  Tenor
Florian Hille  Bass
Chingyi Ho  Flöte
Manuel Uhing  Orgel
Capella St. Lamberti
Ensemble 333
Tobias Götting  Leitung

Eintritt frei – Spenden erbeten



Rezensionen

Capella begeistert in Lambertikirche

Andreas R. Schweiberer in NWZ am 19.11.2019

Konzertprogramme klassischer Musik können auf zweierlei Art auf den Spätherbst reagieren: Entweder, in dem ein heiter-beschwingter Gegenpol zur Dunkelheit gesetzt wird, oder, indem das Geschehen von Düsternis geistig-seelisch ausgeleuchtet wird. Die Musik der Stille unter dem programmatischen Titel „Unser Leben ist ein Schatten“ ging in der Lambertikirche den zweiten Weg.

Tobias Götting und die Capella St. Lamberti boten den Zuhörern wieder einmal Besonderes. Die einleitenden drei Motetten der katholisch-spanischen Spätrenaissance wurden von den Aufführenden hinter dem Altar, gewissermaßen wie von weit weg, gesungen. Es standen somit bei dieser mystisch vertieften mehrchörigen Kunst nicht die Solisten, sondern die gleichsam frei im Raum schwebenden Klänge im Zentrum.

An die lateinischen Motetten von Francisco GuerreroTomás Luis de Victoria und Bernardo del Castillo schloss sich die allererste Kantate von Johann Sebastian Bach, der „Actus tragicus“, an. Solisten des Ensembles 333 unterstützten hier die Capella St. Lamberti. Die Begleitung dieser Trauerkantate lebt vom aparten Zusammenklang von zwei Blockflöten mit zwei Gamben: Eine eher ungewöhnliche, aber farblich sehr gelungene Kombination. Textlich steht auch hier, bei Bach, das Memento mori im Mittelpunkt: ein sinnvolles Leben zu führen ist nur dann möglich, wenn die Konsequenzen des Lebens von vornherein immer mitbedacht werden.

Von Anlage, Stil, Gehalt und Textausdeutung her transportierte die Motette „Herr, nun lässest du deinen Diener“ von Heinrich Schütz am gelungensten und eindringlichsten diese Versinnlichung eines geistigen Selbstverhältnisses. Unter den vier verdienstvollen Gesangssolisten – neben Florian Hille als Bass, Tenor Mirko Ludwig und Altistin Milena Juhl – ragte die Einzelleistung der Sopranistin Anja Petersen durch die besonders überzeugende Einbettung in den Gesamtklang bei einer berückenden Klarheit und Reinheit der Einzelstimme hervor. Nach dem Verklingen läuteten die Kirchenglocken. Erst danach, nach weiteren Minuten der Stille und Einkehr, brandete der begeisterte Applaus auf.